„KINDER LIEBEN GESCHICHTEN, denken sich welche aus und vergessen sie irgendwann – es sei denn, sie werden festgehalten …“ (Freundeskreis Buchbinder e.V.)
Bücher können uns in fantastische Welten eintauchen, spannende Geschichten erleben und neue Perspektiven einnehmen lassen. Wie aufregend, wenn es sogar dazu kommt, die eigene Geschichte zwischen zwei Buchdeckeln zu finden. Der Buchkinder e.V. aus Leipzig, 2001 gegründet, begleitet Kinder und Jugendliche auf dem Weg zum eigenen Ausdruck, zur eigenen Geschichte, zum eigenen Buch als kollaborativer Prozess auf Augenhöhe zwischen einem Kind und einem Erwachsenen.
In Anlehnung dessen wurde im November 2023 die erste Buch- und Schreibwerkstatt für Kinder und Jugendliche im KreativRaum in der Brandenburger Straße in Fürstenberg eröffnet. Rulo Lange, Gründungsmitglied des Vereins, reiste für diesen Anlass extra an und teilte beim allerersten Treffen auf sehr persönliche Weise seine Erfahrungen und Wissensschätze mit den Fürstenberger Buchkindern. Wohl eine der wichtigsten Botschaften war: Geschichten brauchen Zeit! Und: Am Anfang steht oft ein Bild.
Seither überlegen, phantasieren, spinnen, diskutieren, schreiben, illustrieren, gestalten und drucken Jungen und Mädchen zwischen 6 und 14 Jahren ihre kreativen Ideen. Papier, Stifte, Schreibmaschinen, Linolplatten, Druckwalzen und verschiedenes Werkzeug dienen als Hilfsmittel. Nach und nach entwickeln sich Charaktere, Erzählstränge und schließlich eine „eigene“ Geschichte. Begleitet werden die Kinder in ihrem Schaffensprozess von zwei Erwachsenen, der Himmelpforter Illustratorin Anne Wenkel und Antje Firus vom Verstehbahnhof. Damit die Geschichten später originalgrafisch gedruckt werden können, ritzen die Kinder ihre persönlichen Illustrationen in Linoleum. Die Kreativwerkstatt hat glücklicherweise alle dafür nötigen Maschinen und Ressourcen parat: von der Druckerpresse bis zur Buchbinderlochstanze; unterstützt von einer Buchbinderin aus der Region, entstehen aus den geschriebenen und gedruckten Seiten eigene Bücher, die später in Kleinstauflage in Handarbeit gebunden werden. So erleben die Kinder in nachvollziehbaren Arbeitsschritten, wie ihr Buch zusammenkommt. Der Geruch der Farben, die Haptik der Materialien, Werkzeuge, die ihrer Aufgabe gemäß genutzt werden, erschaffen eine anregende, mit allen Sinnen wahrnehmbare Atmosphäre für die Buchkinder. Die Wechselwirkung zwischen den Bildern und Texten lassen eigenwillige, tiefgründige, witzige, skurrile und wahrhaftige Geschichten entstehen. Auch Kinder, die anfänglich Angst vor dem Schreiben haben, werden schnell in den Sog ihrer eigenen Phantasie gezogen. Die Figuren wollen zum Leben erweckt, die Geschichten um sie herum festgehalten werden. Heldenhafte Ritter, mutige Katzen, schlaue Detektive, friedliche Seelen und treue Pferdefreundinnen füllen Seite für Seite mit ihren Geschichten. In Jacks (11 Jahre) Comic „Schelok Homss in Paris“ jagt ein schlauer Detektiv einen fiesen Gangster. Gesines (9 Jahre) Buch „Ein neuer Freund für Luise“ handelt von der Suche nach einem neuen passenden Pferd für Luise, die zu groß für ihr altes geworden ist. Eine gar nicht so leichte Angelegenheit…
Die ersten Bücher sind fertig layoutet und werden noch in den Sommerferien unter professioneller Anleitung gemeinsam mit Kindern zu fertigen Büchern gebunden. Im Herbst 2024 soll dann die erste (multimediale) Lesung stattfinden. Die Präsentation der fertigen Bücher sind wichtige Ereignisse und Motivation für die Kinder und Jugendlichen. Denn die Buchkinder wachsen mit ihren Büchern. Sie übernehmen Verantwortung und entwickeln neben Kreativität und kommunikativen Fähigkeiten auch soziale Kompetenz.
Aktuell bemühen sich die beiden Projektleiterinnen Anne Wenkel und Antje Firus um eine Finanzierung, um das Projekt dauerhaft fortzusetzen. Noch mehr Kindern soll Zugang zu der Idee verschafft werden, ihre eigenen Geschichten festzuhalten und diesen magischen Moment zu erleben, wenn die ersten Striche oder Ritzungen den Anfang einer Geschichte einleiten.